Hallo, ihr Lieben!
Heute gibt es eine kleine Premiere! Nach dem Brigitte-Debakel der letzten Woche habe ich beschlossen, eine neue “Serie” in den Blog aufzunehmen…wie die 7 Sachen, nur nicht ganz so häufig und regelmäßig. Das Thema? Feminismus, Sexismus und vieles anderes mit *ismus oder *phobie am Ende. Titel der Serie: “Bitch, please”.
Warum…? Nun:
“’Slut’ is attacking women for their right to say yes. ‘Friend Zone’ is attacking women for their right to say no.”
— And ‘bitch’ is attacking women for their right to call you out on it(via tumblr.com)
Zu deutsch: “‘Schlampe’ attackiert Frauen für ihr Recht, ja zu sagen. ‘Friend Zone’ attackiert Frauen für ihr Recht, nein zu sagen.” – Und ‘Zicke’ [und ich wähle hier mal die netteste Übersetzung] attackiert Frauen für ihr Recht, dich deswegen herauszufordern.
Ich mime dann eben die Bitch, weil es mir grundsätzlich schwer fällt, die Klappe zu halten. ;)
Im ersten Teil der Serie soll es erst einmal allgemein um Feminismus und Sexismus gehen, einfach um ein Grundgerüst zu haben, auf das ich später aufbauen kann. Ich versuche die “Bitch, please”-Einträge möglichst locker zu gestalten. Das Thema selbst ist schon schwer genug, manchmal müssen dann einfach Gifs zum Einsatz kommen. ;)
Was ist Feminismus?
Feminismus bedeutet, für die Gleichberechtigung, die Menschenwürde und die Selbstbestimmtheit aller Frauen einzutreten und jeder Form von Sexismus entgegenzutreten. Und mit allen Frauen meine ich alle, die sich als solche identifizieren: Transfrauen, lesbische Frauen, dunkelhäutige Frauen, sehr feminine Frauen, sehr maskuline Frauen, etc. pp.. Warum ich das noch einmal deutlich mache? Nun, dem Feminismus wird häufig vorgeworfen, sehr weiß und heterosexuell zu sein (nicht ganz zu unrecht – aber dazu ein Andermal mehr) und es ist mMn wichtig, hervorzuheben, dass Feminismus nicht nur für alle Frauen da sein sollte, sondern muss.
Warum bin ich Feministin?
Da gibt es mehrere Gründe. Ich versuche, eine kleine Auswahl zu geben (bei Statistiken versuche ich Quellen anzugeben). Weil
- allein in Europa ca. 62 Millionen Frauen seit ihrem 15. Lebensjahr sexualisierte und/oder körperliche Gewalt erfahren [Quelle],
- der Einsatz für die Gleichberechtigung der Frauen im wahren Leben und im Internet schnell in Mord- und Vergewaltigungsdrohungen endet [Quelle],
- Frauen noch immer weniger verdienen als Männer (durchschnittlich erhält ein Mann für jeden Euro, den eine Frau verdient, bereits 1,22€) [Quelle],
- Frauen noch immer die Schuld für eine Vergewaltigung tragen müssen,
- Männer noch seltener Vergewaltigungen anzeigen als Frauen,
- Vergewaltigungsopfern erst einmal unterstellt wird, dass sie lügen, obwohl laut Statistik nur 3% aller Anzeigen Falschbeschuldigungen sind [Quelle],
- ich überzeugt bin, dass Männer mehr sind als hormongesteuerte, mit ihrem Schwanz denkende Tiere sind,
- “Pussy”, “Du rennst wie ein Mädchen”, “Jetzt zieh dir doch kein Kleid an” noch immer Beleidigungen sind,
- ich auf meine “Hormone” reduziert werde, nur weil ich schlechte Laune habe,
- sexuell aktive Frauen “Schlampen” sind und Frauen, die keinen Sex haben, “prüde alte Jungfer”,
- das “Nein” eines Mannes das Ende ist und das “Nein” einer Frau der Startschuss für eine Verhandlung,
- ich verdammtnochmal möchte, dass der kleine Junge im Karstadt die Hello Kitty bekommt, die er so gern möchte, ohne dass er als “verweichlicht” bezeichnet wird oder sich jemand Sorgen macht, dass er schwul wird,
- ich zu Halloween gerne mehr Auswahl hätte als “Sexy Krankenschwester” oder “Sexy Zombie”, ohne in der Männerabteilung shoppen zu müssen,
- Mädchen mehr mögen dürfen als rosa, pink, Glitter und Rüschen – es aber auch völlig in Ordnung ist, wenn sie es trotzdem tun,
- noch immer die wenigsten Filme den Bechdel-Test bestehen (ist ja auch schwer, wenn Frauen viel weniger Sprechrollen als Männer bekommen),
- weil ich nicht weniger wert bin, nur weil ich zwei Brüste und eine Vagina habe und mein Wert auch nicht dadurch bestimmt wird, wie feminin ich bin, wie viel ich wiege oder wie viel Sex ich (nicht) habe.
Natürlich könnte ich jetzt noch viele weitere wirklich gute Gründe nennen, aber das würde wohl doch irgendwann den Rahmen sprengen.
Feminismus ist ja schön und gut…aber…
Was ist denn jetzt dieser Sexismus?
Einfach gesagt:
Sexismus = Vorurteil + Macht
Oder um es in Sätzen auszudrücken:
Sexismus ist geschlechtsspezifische Diskriminierung und die Einstellungen, Stereotypen und kulturellen Elemente, die diese Diskriminierung fördern. Angesichts des historischen und anhaltenden Ungleichgewichts der Macht, bei dem Männer gegenüber Frauen privilegiert sind (Male Privilege), ist ein wichtiger, aber oft übersehener Teil des Begriffs, dass Sexismus Vorurteil plus Macht ist. Also lehnen Feminist_innen die Vorstellung ab, dass Frauen sexistisch gegenüber Männern sein können, weil Frauen die institutionelle Macht fehlt, die Männer haben.
— Definition via Finallyfeminism101 | Übersetzung von sanczy
Und damit stolpern wir schon über den nächsten Begriff: Male Privilege.
Sanczy bezeichnete es relativ treffend als “unhinterfragter Schwanzbonus“. Netter ausgedrückt bedeutet das, dass Männer aufgrund Ihres bloßen Mannseins einen höheren sozialen Status einnehmen. Dieser Status wird als Normalität betrachtet, daraus ergibt sich häufig, dass die Inhaber eines Privilegs dieses nicht als solches wahrnehmen und es entsprechend auch nicht hinterfragen.
Male Privilege bedeutet, dass eine Gruppe aus 50% Männern und 50% Frauen als “frauendominiert” gilt, dass ein EU-Ausschuss zum Thema Geschlechtergerechtigkeit nur aus Männern besteht und sich keiner darüber wundert, dass Frauen sich in Filmen/Büchern/Videospielen mit männlichen Protagonisten identifizieren können, aber das umgekehrt an einer Zumutung grenzt.
Aber was ist mit Sexismus gegen Männer?
Reverse Sexism gibt es nicht. Punkt. Eine unterdrückte Gruppe kann in der Hierarchie nicht nach oben diskriminieren. Deswegen gibt es auch kein Reverse Racism oder Heterophobia.
Warum nicht? Nun, weil Reverse Sexism voraussetzen würde, dass eine Privilegierung der Frau angestrebt würde. Aber das Abschaffen von Ungleichheiten und der Geschlechterhierarchie ist keine Privilegierung der Frauen. Wir gesellen uns lediglich auf die gleiche Stufe wie Männer und das ist keine Unterdrückung. Auch wenn das gerne einmal so verstanden wird, weil Frauen plötzlich etwas von dem Kuchen abhaben wollen, von dem Männer schon seit Jahrhunderten fleißig essen.
Männer können trotzdem Opfer des Patriarchats werden, wenn sie aufgrund von “typisch” weiblichen Eigenschaften diskriminiert werden. Männer, die Zuhause auf die Kinder aufpassen, die in Kindergärten arbeiten oder weinen. Jungs, die mit Puppen spielen oder rosa mögen. Aber dieses Herabsetzen weiblicher Eigenschaften ist Teil des Sexismus, den Frauen tagtäglich erfahren, entsprechend wird dadurch Feminismus nicht entlegitimiert. Im Gegenteil, genau gegen diese Herabwürdigungen richtet sich der Feminismus. Wer also behauptet, Feminismus ist gleichzusetzen mit Männerhass, der irrt. Feminismus richtet sich gegen das Patriarchat und somit gegen Machtstrukturen, die es (vor allem) Frauen (und auch Männern) unmöglich macht, ein gleichberechtigtes Leben zu führen.
Die meisten Menschen werden übrigens Opfer von Diskriminierung – die einen mehr, die anderen weniger. Beispielsweise bin ich zwar weiblich und erfahre entsprechend Sexismus, aber ich bin auch weiß, was ein Privileg ist (White Privilege). Oder ein anderes Beispiel: Ein Mann mit dunkler Hautfarbe wird mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit sein Leben lang mit Rassismus konfrontiert werden, aber er profitiert gleichzeitig vom oben beschriebenen Male Privilege. Diese Überschneidungen nennt eins “Intersektionalität”.
Und…und eigentlich könnte ich jetzt noch über internalisierten Sexismus sprechen, über Slut Shaming, Victim Blaming, Rape Culture und so vieles mehr. Und gefühlt habe ich die Hälfte vergessen. Aber damit muss ich wohl bis zum nächsten Mal warten, denn das würde nun wirklich den Rahmen sprengen.
Ich packe euch gleich noch ein paar spannende Links unter den Eintrag, die ihr euch anschauen könnt, und hoffe einfach, dass ich fürs erste einen guten Einblick ins Thema geben konnte. Wenn nicht: Fragt mich einfach!
~Jen
Geballte Linkpower:
Was ist Sexismus? von sanczy – eine sehr, sehr ausführliche und gute Erklärung [deutsch]
Auszug aus Scribbling Sisters [englisch]
GET YOUR ANTI-FEMININITY OUT OF MY FEMINISM BY S.E. SMITH [englisch]
bff – Vergewaltigung verurteilen! [deutsch]
Alle 14 Seiten Feminismus-Tag auf Kleinerdrei – weil awesome [deutsch]
5 Kommentare
Wow, ein beeindruckender Start für eine Serie mit großartigem Namen! :D
Da waren viele Infos drin mit denen ich mich ganz gut identifizieren kann! :)
Und GIFs – besonders das mit Zooey hats mir angetan. *g*
Ich bin schon gespannt auf weitere Beiträge! :3
*Puh das ist wirklich ein großer Haufen Infos – die wollen erstmal sortiert und verdaut werden.
Auf jeden Fall freue ich mich schon mal, dass du die Männer hier durchaus mit in den Feminismus einbeziehst und eben zeigst, dass es nicht darum geht, das Machtgefälle zu kippen, sondern ganz abzuschaffen bzw. auszugleichen. Schöne Sache. ^^
Denn leider hatte ich bei einigen ehemaligen Kommilitoninnen von mir den Eindruck, dass dieser Aspekt in ihrem Denken und Handeln irgendwie verlustig gegangen ist :/
Ich bin schon sehr gespannt, wie die Serie sich weiter entwickelt. :)
Wow, Jen!
Das ist mal ein gelungener Einstieg ins Thema mit Pauken und Trompeten. :-)
Ich bin gespannt, was Du dazu noch bringen wirst – zumal ich als 3-Jungs-Mama in der Pflicht stehe, aus meinen Jungs Männer zu machen, die gefälligst Ihre Position dort einnehmen wo sie hingehören, nämlich an den Seiten von toleranten und weitsichtigen starken Menschen, egal ob Männlein oder Weiblein, ob in Beziehung, Alltag oder Familie. Und das ist echt nicht so ganz leicht.
Tschakka! Du rockst!!
<3
Das glaube ich dir sofort, aber ich bin mir sicher, dass du das ganz hervorragend meistern wirst! Du rockst nämlich auch ganz ordentlich. :D
Toller Beitrag!
Mit treffenden Benennungen von Sachverhalten.
LG, Silvia