Hallo, ihr Lieben!
Bevor ich am Wochenende hoffentlich dazu komme, ein paar kreative Beiträge vorzubereiten (allen voran für das KreaKränzchen #1), möchte ich heute meiner feministischen Reihe, “Bitch, please”, endlich einen zweiten Teil geben. ;)
Eigentlich wollte ich den zweiten Teil mit einem anderen Thema füllen – aber weil ich gerade wieder so viel darüber nachdenke, wird es doch um Intersektionalität gehen.
Intersektio-was?
Intersektionalität
= beschreibt die Überschneidung (engl. intersection = Schnittpunkt, Schnittmenge) von verschiedenen Diskriminierungsformen in einer Person. Intersektionelle Diskriminierung liege vor, „wenn – beeinflusst durch den Kontext und die Situation – eine Person aufgrund verschiedener zusammenwirkender Persönlichkeitsmerkmale Opfer von Diskriminierung wird.“
via Wikipedia= beschreibt die Verwobenheit unterschiedlicher Unterdrückungskategorien, also die Diskriminierung auf Grund von Kategorien wie Herkunft, Klasse, Geschlecht, Alter, etc. Diese werden nicht nur als Mehrfachunterdrückung aneinandergereiht, sondern als sich wechselseitig bedingende und in Abhängigkeit zueinander wirkende sowie in Herrschaftsstrukturen und -praktiken eingebundene Kategorien betrachtet.
via krass-mag.net
Dazu einmal zwei simple Beispiele:
- Eine weiße, heterosexuelle Cis-Frau hat beispielsweise in ihrem Leben mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit Sexismus zu kämpfen, aber aufgrund ihrer Sexualität und Hautfarbe erfährt sie keine Diskriminierung – im Gegensatz zu einer schwarzen Frau oder einer lesbischen Frau oder einer schwarzen, lesbischen Frau. Im Gegenteil: Diese Dinge privilegieren sie.
- Ein homosexueller, schwarzer Mann wird in seinem Leben wohl nicht nur mit Rassismus, sondern auch mit Homophobie zu kämpfen haben, aber er ist auch ein Mann und profitiert daher von Male Privilege – wenn auch in einem geringeren Ausmaß als dies bei einem weißen Mann der Fall wäre.
Über Male Privilege hatte ich bereits im ersten Beitrag gesprochen:
Sanczy bezeichnete es relativ treffend als “unhinterfragter Schwanzbonus“. Netter ausgedrückt bedeutet das, dass Männer aufgrund Ihres bloßen Mannseins einen höheren sozialen Status einnehmen. Dieser Status wird als Normalität betrachtet, daraus ergibt sich häufig, dass die Inhaber eines Privilegs dieses nicht als solches wahrnehmen und es entsprechend auch nicht hinterfragen.
So ähnlich gilt es auch für andere Privilegien. Ein Privileg ergibt sich aus allem, was der scheinbaren “Norm” entspricht (z.B. Heterosexualität, christlicher Glauben, weiße Hautfarbe,…). Das ist allerdings kein Aufruf für eine Diskriminierungsolympiade, denn: Grundsätzlich kann eins davon ausgehen, dass alle Menschen in irgendeiner Form ein Privileg genießen. Die absoluten Gewinner unserer Gesellschaft sind in der Regel heterosexuelle, weiße Cis-Männer ohne Behinderung – das sieht eins auch ganz deutlich an der medialen Repräsentation.
Heute schon Privilegien gecheckt?
— TQ (@thisisTQ) 14. Januar 2015
Aber warum ist ein Bewusstsein für Intersektionalität jetzt so wichtig? Weil das Thema im weißen Feminismus (und ich wähle den Begriff ganz bewusst so) gern vergessen oder verdrängt wird. Vor allem die EMMA macht sich dessen regelmäßig schuldig und auch Femen – aber das ist ein Thema für ein Andermal. Und weil es uns bewusst macht, dass wir bei *ismen und *phobien niemals zweidimensional denken dürfen. Wenn ich gegen Sexismus bin, muss ich gleichzeitig immer auch gegen Homophobie sein und gegen Rassismus und gegen Transphobie und gegen Ableism und gegen all das, was jenen Menschen entgegengeworfen wird, die nicht der “Norm” entsprechen.
Denn es gibt immer auch Frauen, die auch all diese Dinge erfahren. Und diese Erfahrungen müssen respektiert werden, egal ob wir sie selbst auch gemacht haben oder nicht. Wenn dir Mitglieder einer Minderheit sagen, dass etwas, dass du gerade gesagt/geschrieben/unterstützt hast, problematisch ist, dann ist es deine Pflicht zuzuhören, darüber nachzudenken und deine Meinung gegebenenfalls anzupassen. Deine Reaktion sollte nicht sein: “Aber ich finde nicht, dass das rassistisch/homophob/transphob/etc. ist!” oder “Aber ein/e Freund/in, der/die schwul/lesbisch/schwarz/trans ist, hat gesagt, dass das okay ist.”
Denke stattdessen über eine Entschuldigung nach.
Jeder macht Fehler. Wir alle leben in einer Gesellschaft, in der seit unserer Kindheit mit Ressentiments gefüttert werden und die wir früher oder später verinnerlichen. Wichtig ist, dafür ein Bewusstsein zu entwickeln und sich dieser Ressentiments dadurch zu entledigen. Daher ist es so wichtig, anderen zuzuhören und ihre Erfahrungen zu respektieren. Und es auch wichtig, eigene Annahmen immer wieder zu prüfen und zu testen.
Wir können schließlich nicht von Feminismus sprechen – der für alle Frauen Gleichberechtigung erwirken will – wenn wir systematisch Gruppen davon ausschließen. Ich halte es da wie Flavia Dzodan:
“My feminism will be intersectional or it will be bullshit.”
Mein Feminismus ist intersektionell oder er ist Scheiße.
In diesem Sinne:
Geballte Linkpower
Natürlich ist es nicht ganz grundlos, dass das Thema bei mir gerade sehr aktuell ist – also, sagen wir mehr als sonst. Warum? Nun.
Transphobie: Ende Dezember hat sich das Transgender-Mädchen Leelah Alcorn umgebracht, weil ein Leben mit ihren strenggläubigen Eltern, die sie nicht akzeptieren wollten, für Leelah nicht mehr möglich war. Keine Seltenheit, die Suizidraten unter TransMenschen sind erschreckend hoch. Hier noch ein weiterer guter Beitrag (englisch).
Ach, und weil das nicht reicht: In Russland dürfen TransPersonen nun nicht mehr Auto fahren.
Rassismus: Am Monatabend wird der Asylbewerber Khaled I. mit Messerstichen in Brust und Hals getötet und die Polizei schließt von vornherein ein Tötungsdelikt aus, sondern geht stattdessen von Unfall oder Suizid aus. Erst nach der Obduktion und scharfer Nachfrage räumt die Polizei Fehler ein. Wo passiert das? In Dresden, wo seit Wochen jeden Montag eine Horde von A**** durch die Straßen ziehen und ihren Hass verbreiten.
Natürlich sollte eins sich keine Vorverurteilungen erlauben – aber es passiert verdächtig oft, dass schwarze Jugendliche ermordert werden und es als Unfall abgetan wird oder der Jugendliche kriminalisiert wird.
Und wer nicht glaubt, dass PEGIDA nicht angsteinflößend ist, der schaue sich bitte die hier verlinkten Videos an. Gerne möchte ich auch den Mann mit dem Button der rechten Gruppierung National Defense League hervorheben, der im ersten Teil sehr inbrünstig “Wir sind das Volk” brüllt.
Homophobie: In Wien ist ein lesbisches Paar aus einem Café geworfen worden….weil es sich zur Begrüßung geküsst hat. Auf Nachfrage meinte die Besitzerin, das würde sie auch von heterosexuellen Paaren nicht dulden. Vice hat das getestet und durfte feststellen: Totaler Bullshit.
Ganz zum Schluss habe ich trotzdem noch etwas schönes für euch: In den USA ist letzte Woche die Serie Agent Carter angelaufen und Kleinerdrei und ich können sie euch einfach nur wärmstens ans Herz legen. Online könnt ihr die ersten drei Folgen der Serie hier bei abc schauen (mit Werbung und auf englisch).
Für alle die Peggy Carter nicht kennen: Peggy ist eine Figur aus dem Marvel Universe, die in Captain America: The First Avenger ihren ersten Auftritt hatte und dort mit Cap himself Nazis in den Hintern getreten hat. Die Serie setzt nach dem Krieg an und Peggy darf sich nun mit sexistischen Arbeitskollegen und Spionen herumschlagen (im wörtlichsten Sinne).
Ach, für einen Vorgeschmack lege ich euch diesen Marvel One Shot ans Herz (englisch):
Marvel One-Shot: Agent Carter (2013) von limukohou
~Jen
Ein Kommentar
Ich habe noch in der Nacht als es passiert ist von dem erstochenen Asylbewerber gehört – aber nur ganz kurz, dass es geschehen ist. Das allein hat mich schon ziemlich bestürzt – aber dass nun auch noch diese “nette” Sache mit der Polizei dazu kam von wegen, ist ja sicher kein Tötungsdelikt bei “dem” … meine Güte, das macht mich wirklich sauer -.-
All die von dir beschriebenen Fälle machen mich echt sauer. Ich hoffe wirklich, dass ich weitesgehend niemanden in dieser Art behandle und wenn es doch einmal passieren sollte, dann nicht mit Absicht und ich hoffe, dass ich dann die Chance zu einer Entschuldigung bekomme von dem betroffenen Menschen…
Mal wieder ein guter Beitrag zum Nachdenken, meine Liebe :)